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Meinem Yisr al Hawah sitzt der Schalk im Nacken – schon von frühester Kindheit an, wie das Bild oben zeigt.

Er mag es, seine Kumpels zu provozieren und mit einer Leichtigkeit über die Wiese bergauf und bergab zu fliegen, die mir das Herz im Leibe lachen lässt. _MG_0864

Den Ernst des Lebens

sollte er als 4 einhalb jähriger Jungspund nun endlich kennenlernen. Er hat sich – wie ich finde – in seinem 5 Lebensjahr zu einem wohlproportionierten wunderschönen Jungpferd entwickelt nachdem er lange sehr fohlenhaft war.

Weil Insley, der gleichaltrige Mustang unserer Tochter für den Winter in unser Nachbardorf umzog – damit sie sich auch nach der Schule mit ihm vergnügen kann, wenn der Weg zu unserer abgelegenen Weide für sie nicht machbar ist – ergriff ich die Gelegenheit. Hawah zog auch um – einige Monate intensiveres Training, die Zivilisation kennenlernen, das war doch ein guter Plan. Die beiden haben sich gegenseitig und können zusammen auf die Weide und den Paddock.

Der Tag des Umzugs

Anfang Okotber war es soweit, die beiden stiegen brav ein und 10 Kilometer weiter wieder aus. Während Insley, der Mustang, sich in der Box in erster Linie für das Heu interessierte, war Hawah schlicht empört.

Wände und er allein, eingesperrt. Sowas war ihm noch nie passiert – Insley im übrigen auch nicht… Und der Gipfel: Insley wollte Bekanntschaft schliessen mit dem Friesen in der Box auf der anderen Seite neben ihm. Nee nä? Nicht ohne mich – Hawah stieg und versuchte allen Ernstes über die rund 160 cm hohe Holzwand zu klettern. Dasselbe dann auf der anderen Boxenseite, als der nette Wallach, der dort wohnte, von der Weide in den Stall kam.

Ich ging zu ihm in die Box und herrschte ihn an, er solle mit dem Quatsch augenblicklich aufhören. Zu aller Erstaunen – mich eingeschlossen – wirkte das. Ich hatte ja vor allem Angst um seine Gesundheit gehabt. Die erste Nacht verlief ruhig, Erleichterung auf allen Seiten.

Eingewöhnung und Materialschäden

Die Weide wurde doppelt eingezäunt und unsere kleinen Erkundungsgänge auf dem Hof und in der näheren Umgebung verliefen zwar angespannt aber sehr kooperativ und gut. Stolz war ich auf meinen Buben.

Die Box nahm er mittlerweile hin als wohl notwendiges Übel, ich verbrachte auch Zeit mit ihm in der Box – vor allem um ihm die Funktionsweise der Selbsttränke näherzubringen, aber auch mit der Absicht, ihm durch entspannende Massage etwas Gutes zu tun. Beides ohne Erfolg.

Bewegung könnte ja auch zur Entspannung beitragen, gesagt getan und die beiden Jungs auf dem Reitplatz freigelassen. Aber oh Schreck, Hawah galoppierte an, rannte über den Platz und statt vor dem Zaun zu bremsen, sprang er darüber bzw. mehr hindruch auf „seine“ Weide.

Hm, erste Reparaturarbeiten waren angesagt.

Dann halt an der Longe, wenn es frei nicht geht, das haben wir ja schon bei uns daheim auf dem Berg ein wenig geübt.

Einmal ist keinmal

Weil der bestellte Kappzaum noch nicht geliefert worden war, nahm ich ein Knotenhalfter.

Zuerst führen, ganz ruhig, und immer wieder anhalten, dann Zirkel einbauen. Und päng, der Bub rennt plötzlich bockend davon, ich auf dem Hosenboden einige Meter hinterher – wie ist denn das passiert?  Ich weiss es nicht genau, aber mein Turbo-Knallkopf springt mit wehender Longe diesmal nicht durch den Elektrozaun sondern durch den Holzzaun. Es kracht und splittert, das Holz war zum Glück schon recht morsch. Pferd einsammeln, Zaun notdürftig mit einer gut sichtbaren Litze reparieren und die Gewissheit: Einmal ist Keinmal, aber zweimal ist einmal und ein drittes mal liegt nicht drin. Denn dann hätten wir schon ein nettes Muster „gezüchtet“.

So aufhören ist auch ungünstig, also trotz aller Peinlichkeit mit meinen dreckigen Hosen einen Kappzaum ausleihen und wieder auf den Platz. Richtig passen tut er nicht, aber ich muss nun Prioritäten setzen.

Lieber hätte ich mit ihm frei gearbeitet, aber das Zaunproblem war mir zu heikel – auch auf der Weide. Nicht auszudenken, wenn er dann noch auf einer falschen Weide gelandet wäre mitte in  fremden Pferden.

Volle Konzentration voraus

Auf ein neues, nun besser ausgerüstet. Ich wollte diese Einheit mit einem guten Erlebnis abschliessen. War das nun die Art der Herausforderung, die mir mit ihm schon vorausgesagt worden war?

Wieder von vorne, der Kappzaum machte doch etwas mehr Eindruck – oder war ich einfach konzentrierter und klarer? Wie auch immer, es klappte. Viel wollte ich nicht, einige harmonische Runden.

Dann bekam er ein dickes Lob und ich eine frische Hose.

Ein paar Tage später war das Horrorszenario vergessen und wir schon ganz nett bei der Sache.

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Ah ja und ich in der nächsten Sägerei um neue Zaunlatten zu kaufen…

Wie es uns weiterhin erging und warum Hawah nach 2 Monaten wieder auf die Weide zurückkehrte erfahrt ihr nächsten Sonntag. Und auch warum ich trotz allem froh bin, dass wir diesen Stallwechsel in Angriff genommen haben.