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Ostern steht für Neubeginn, Auferstehung, wieder Erblühen und Ergrünen.

Deshalb erzähle ich heute von unserem „Pferde-Osterhasen“, der in Wirklichkeit tatsächlich Nikolaus hiess.

Ich habe ihn, den Nikolaus, 2013 kennengelernt, er gehörte damals einer Bekannten, die ihn selbst vor noch nicht allzu langer Zeit gekauft hatte. Er lief dort brav seine Runden als Kinderreitschulpferd.

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Der Blick in seine Augen hat mich schon bei unserer ersten Begegnung berührt, mehr noch als sein desolater körperlicher Zustand.

Weil meine Bekannte noch ein Nachzügler-Baby bekam und ich gerade Zeit hatte, übernahm ich 2 Nachmittage pro Woche den Reitunterricht bei ihr. Nikolaus lief mehr schlecht als recht – so hatten sie ihn schon übernommen. Hinten deutlich taktunrein. Er versuchte sich jedesmal dem Aufhalftern zu entziehen indem er davon lief auf dem Paddock und den Kopf so hoch wie nur möglich in die Luft streckte.

Motivation gleich null komma null

Schliesslich eröffnete mir meine Bekannte, dass sie für ihn einen neuen Platz suchen, weil sie mit der kleinen Tochter doch keine Zeit mehr für gemeinsame Ausritte mit ihrem Mann finden würden – und dafür war der Nikolaus ursprünglich gekauft worden.

Bei mir läuteten die Alarmglocken. Wer will schon ein älteres Pferd in diesem Zustand und investiert, was notwendig ist, um ihm ein gutes Leben zu ermöglichen? Doch, jemand fiel mir ein. Die Freundin kam zum Probereiten und winkte dankend ab. „Bist Du da schonmal draufgesessen?“ fragte sie mich. Ich verneinte. „Das fühlt sich an wie 37 nicht wie 17. Der will einfach nicht mehr.“

Ich redete mit meinem Mann und unserer Tochter – wir könnten ihn doch übernehmen und dann könnte er mir helfen bei unseren Kinderreitstunden, die ich bei uns aufbauen würde.  Wir würden ihm im Gegenzug helfen, wieder fit zu werden.

Wir haben schon genug Pferde

war die Antwort, und die war unbestrittenermassen korrekt. Rein rechnerisch.

Nikolaus ist ein Lipizzaner, er hat auch Brände – die Abstammung war damals aber unbekannt, weil die Papiere bei einer früheren Käuferin liegengeblieben waren. Sie hatte das Pferd nie bezahlt. Deshalb wurde Nikolaus dann dort wieder abgeholt und anderweitig verkauft. „Tour de Suisse“ – Pferde nennen wir diese Wanderpokale in der Schweiz. Das hatte er echt nicht verdient. So eine treue Seele. Wie der Nikolaus in den Drei Nüssen für Aschenputtel.

Du, wegen dem Lipizzaner

Einige Tage später stand ich am Abwaschtrog in unserer Küche und mein Mann kam herein. „Du, wegen dem Lipizzaner, ich hab mir das nochmals überlegt. Wenn er Dir wirklich helfen könnte, dann hol ihn.“

Jetzt ging es rasch, am Nachmittag sollte ich noch eines der letzten Male unterrichten dort und ich fuhr gleich mit dem Hänger hin. Die letzten Stunden mit ihm waren schlimm für mich, komm, jetzt nochmals durchbeissen, dann verladen und ich werde alles versuchen, um Dein Leben wieder schön und spannend zu gestalten, versprochen. Verladen war angeblich schwierig mit ihm – er war früher mal als Springpferd auf Turnieren gewesen, wurde „überliefert“.

Ich flüsterte ihm ins Ohr, dass es nicht auf ein Turnier gehe sondern auf eine ziemlich grosse Weide zu Kumpels und er stieg bald ohne Probleme ein. Rasch war eine Freundin informiert, die Lipizzaner liebt und osteopathisch arbeitet und der erste Behandlungstermin wurde festgelegt. Hier ist Nikolaus, den wir in Orion umgetauft haben, kurz nach seinem Einzug bei uns.

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Luft, Platz, Mineralfutter, Bewegung – und gezielte Behandlung

Im ersten halben Jahr haben wir ihn nicht aktiv bewegt, höchstens mal an der Hand um zu sehen, wie er läuft. Die osteopathische Diagnose war erst mal erschreckend. Das Becken total blockiert, vermutlich von einem Sturz (beim Springen??), die Muskulatur am rechten Hinterbein innen verkürzt, hart und verspannt. Der Arme brauchte jeweils einige Minuten um sich so hinstellen zu können, dass er pinkeln konnte. Er konnte den Rücken kaum aufwölben.

Die Osteopathin flog dann auch rückwärts durch die Luft als sie zum ersten mal am rechten Hinterbein etwas lösen wollte. Gottseidank ist ihr nichts passiert, es war mehr ein Stoss mit dem ganzen Bein als ein gezieltes Ausschlagen gewesen. Wir wurden instruiert, wie wir zwischen den Behandlungen unterstützend massieren und weiter lösen konnten. Dazu gezielt zufüttern und im übrigen die Kumpels, die Bewegung im teilweise steilen Gelände und die Zeit machen lassen.

Nach kurzer Zeit war aus dem abweisenden demotivierten Pferd ein grosser Schmuser geworden – ich wollte ja auch nichts von ihm. Halfter anziehen hiess nun, rausgehen aus der Gruppe um in Ruhe noch mehr Zusatzfutter zu bekommen. DAS liess er sich ja nun gerne gefallen. Nachdem er verstanden hatte, dass ihm die Griffe und Massagen gut tun,  konnten wir ihn nun auch gut behandeln und er machte wunderbar mit.  Ausserdem schien er mich irgendwie adoptiert zu haben und folgte mir auf Schritt und Tritt – sofern er nicht gerade durch die frechen Junghengste abgelenkt war, die ihn zu längst vergessenen Spielen herausforderten.

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Mein Herz lachte und hüpfte, ihn so zu sehen.  Nun begannen wir auch wieder mit kleinen Einsätzen mit kleinen und leichten Kindern und daneben mit gymnastizierender Handarbeit.

Insgesamt war es ein langer Weg mit Rückschlägen – ein schmerzhafter Hufabszess beipielsweise hat ihn in der Entwicklung weit zurückgeworfen. Und es kann noch besser werden!

Sicher ist aber, dass er seine Lebensfreude zurückgewonnen hat, dass er wieder Freude am Laufen hat – auch unter einem Reiter – und dass er uns damit alles hundertfach zurückgibt.

Wir lieben unseren Orion und er ist auch „schuld“ an meiner Liebe zu den Lipizzanern, die ja mit all den Damen und Herren aus dem Gestüt „des Elfes Blancs“  mittlerweile die grösste Rassengruppe auf unserer Pferdeweide ausmachen. Wer hätte das gedacht 2013? Ich nicht.

Ah,  Orions Papiere sind nach 2 Jahren auch wieder aufgetaucht und wir wissen nun, dass Orion 2013 erst 15 Jahre alt war, in Wirklichkeit Neapolitano X Romaneta heisst und aus der Tschechoslowakei kommt.

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