fbpx

Hommage an meinen Goldprinzen

Auf den Tag genau 6 Monate ist es jetzt her, dass Raphaël völlig unvermittelt aus dem Leben gegangen ist.

Der Schock sitzt tief, noch immer. Und kürzlich haben mich Trauer und Verzweiflung nochmals eingeholt. Es lag Schnee und ich wollte einen der seltenen Ausritte in unberührtem Neuschnee machen.

Mit Noisette, einer Freibergerstute, die zwar nicht uns gehört, die ich aber sehr liebe.

Da überkam’s mich. Die Erinnerungen, die Vorstellungen, wie das jetzt wäre wenn  Raphaël noch da wäre wurden – übermächtig. Die Selbstverständlichkeit, die Kommunikation, die einfach funktioniert, das Vertrauen, dass ich in ihn habe. Wie wir durch den verschneiten Wald galoppiert wären und getrabt und geschritten und ich hätte seine Wärme gespürt und ich hätte vielleicht unser Lied gesungen, Something I need von One Republic  .

You’ve got something I need – If we got nothing we got us

Mit diesem Lied haben wir wunderbare Momente erlebt. Allerdings hatte ich den Refrain abgeändert in: „If we only live once, I wanna live with you“, weil ja schon klar war, dass er aller Wahrscheinlichkeit nach vor mir sterben würde. Aber mit 35 bitte, frühestens, nicht mit 11!

Spätenstens bei diesen Gedanken war ich nur noch am Heulen und es wurde mir klar, dass ich heute mit keinem anderen Pferd durch den verschneiten Wald würde ziehen können, weil ich nur an ihn dachte. Das schien mir Noisette gegenüber sehr unfair, ich war gar nicht im Stande, mich auf sie einzulassen.

Alle möglichen Bilder zogen wieder an meinem inneren Auge vorbei: das Foto von dem Fohlen, dass direkt in die Kamera geschaut hat und damit direkt in mein Herz. Wie wir ihn geholt hatten und auf die Fohlenweide gebracht und wie er zwar geguckt hat, aber bei mir geblieben ist, als gefühlte 100 Pferde an den Zaun gerannt kamen. Damals wusste ich: wir kriegen es hin zusammen.

Das erste Aufsitzen – Mann war ich nervös

Viele spezielle Momente kamen in meiner Erinnerung hoch, die meisten innig und schön – und doch:

wir hatten unsere Krisen

Von seiner Gangveranlagung und seinem Körpergefühl her war Raphaël so gar nicht das, was ich mir gewünscht hatte. Ich hätte ihn niemals verkauft deswegen, aber es war eine Weile lang doch so eine latente Unsicherheit auf beiden Seiten. Ist mit ihm alles in Ordnung? Wenn er sich manches Mal auf der Weide so unbeholfen bewegt hat und die anderen neben ihm leichtfüssig gehüpft sind, dann tat mir das fast weh.

Als Jungpferd – das ja in anspruchsvollem Gelände in der Gruppe aufgewachsen war – hat er es kaum geschafft über eine Stange zu gehen, ohne die Hufe anzuschlagen. Schwierig für mich und für ihn. Er hat das natürlich gespürt, sensibel wie er war.

Ich bin dann dazu übergegangen, ihm jeden Tag wenn ich ihn gesehen habe, mindestens einmal etwas zu sagen, das ich an ihm besonders schätze, schön finde, liebe.

Das reichte von: „Du siehst wiedermal wunderschön aus heute“ über „Danke, dass Du mich darin unterstützt, dieses noch ungestüme Handpferd XY mitzunehmen – es tut mir leid, dass ich mich deshalb nicht ganz auf Dich konzentrieren kann. Morgen holen wir das nach“ bis zu „wie Deine Kronränder golden glitzern ist umwerfend“ und „ich hab Dich lieb, genau so wie Du bist“. Und so weiter.

Das schult den Blick fürs Positive und ich habe damit auch mir täglich klar gemacht, was für ein wundervolles Geschenk ich da an meiner Seite habe.

Und dennoch: Einmal haben wir eine gründliche Neuorientierung gebraucht 

Mit 6 Jahren hat Raphaël ein Überbein entwickelt am linken Vorderbein direkt unterhalb des Vorderfusswurzelgelenks. Er hat nicht gelahmt aber bei mir gingen die Alarmglocken. Da stimmt was nicht. Ja, er hatte vorne eine leichte Fehlstellung und die Hufe haben das auch ganz klar gezeigt wurden immer wieder entsprechend korrigiert. Ich habe also mit dem Hufpfleger unseres Vertrauens gesprochen, ob wir was ändern müssten/könnten. Habe einmal mehr mit den Therapeuten und der homöopathischen Tierärztin gesprochen. Er hatte ein sehr weiches Bindegewebe. Hmmm.

Ich wusste ganz tief in mir:

Jetzt muss ich irgendwas ändern. Bloss was?

Viele Gedanken, viele Gefühle. Irgendwie war mir klar, dass es nicht nur mit Raphaël sondern auch mit mir zu tun hatte.

Schliesslich wurde klar: Ich würde Raphaël für einige Zeit gar nicht und dann anschliessend nur noch selbst reiten und bewegen. Neben der Sorge um seine Gesundheit ging es dabei auch darum, dass ich ihn „für mich“ haben wollte, „uns für uns“ besser gesagt. Dass ich ihm die Priorität einräumen wollte, die er tatsächlich in meinem Herzen immer hatte, nur im Alltag oft nicht. Weil er ja so problemlos war. Jeder konnte mit ihm irgendwas machen. Und dabei drohte unser Gemeinsames unterzugehen. Und ich mistete den Stall während jemand anders mit Raphaël im Gelände war. Nein, ich wollte Zeit mit ihm verbringen.

Du kannst Dir wahrscheinlich nicht vorstellen, wie froh ich heute bin, dass ich damals diese Entscheidung getroffen habe. Die Zeit vergeht, ich bin wirklich ein Mensch, der gerne und vieles teilt. Raphaël wollte ich zumindest für eine gewisse Zeit nicht mehr teilen.

Diese Zeit hat unsere Beziehung nochmals auf eine andere Basis gestellt. Ich habe mit ihm angefangen, Dinge zu leben, die ich vorher mit keinem Pferd konnte. Unbeschwert, ja geradezu kindlich, singend und pfeifend und ohne Sattel mit ihm spaziert oder geritten. Und ja, genau auch an Tagen an denen wenig Zeit war. Für einen halbe Stunde Raphaël musste Zeit sein. Daneben haben wir auch „ernsthaft“ geübt, aber nie zu ernsthaft. Raphaël war eh schon ziemlich ernst von ganz alleine.

Später hat er auch wieder andere Reiter getragen – und ich glaube, sogar gerne.

Aber dieses Spezielle zwischen uns habe ich dennoch hochgehalten. Ganz bewusst.

Und so kann ich heute auf eine viel zu kurze aber dennoch sehr erfüllende gemeinsame Zeit zurückblicken. Und das bringt mich trotz allem in Frieden damit wie es nun mal einfach ist:

Ich muss ohne ihn weiterleben.

Ich nehme mit, dass ich „dank“ des Überbeins (Ganglion), das übrigens nach ca. 3 Jahren wieder verschwunden ist, eine Zeit der Besinnung erlebt habe, die uns schlussendlich viel weiter gebracht hat. Nicht höher schneller weiter. Mehr tiefer als weiter genaugenommen. Mein Grosser. Und schon wieder fliessen sie, die Tränen…

Ich nehme mit, dass zwar gewisse Dinge immer gleich sind zwischen Mensch und Pferd, und andere völlig individuell.

Und ich nehme mit, dass ich nie wieder anders mit einem meiner Pferde zusammen sein will – weil irgendwann kommt der Tag, und dann möchte ich nicht dasitzen und denken, dass ich es zwar gewusst habe, aber nicht den Mut hatte, den für uns passenden Weg auszuloten.

Mein erster Online – Kurs – ein indirektes Vermächtnis von Raphaël

Und jetzt habe ich meine Erkenntnisse in meinem ersten Online – Kurs zusammengebracht, ohne Raphaël wäre mir das wohl nie so bewusst geworden.

Wissenschaftliche Erkenntnisse – konkrete Übungsanleitungen und dann daraus abgeleitet die passende Umsetzung für Dich und Dein Pferd.

Falls Dich das interessiert: Hier gehts zu weiteren Informationen zum Kurs.