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Weideleben und Erholung

Von Ende Mai 2015 bis August 2015 leben die 5 Freunde Eskimo, Expresso, Electron, Easy und Tari vertraut zusammen und sind vor allem damit beschäftigt, sich zu erholen, zu fressen und zu schlafen. Keiner der fünf ist zum Spielen aufgelegt. Das höchste der Gefühle ist mal ein Galopp über die Wiese wenn es am Abend kühler wird.

Die Zusatzfutter-Lieferung gehört bald zum Alltag und sie kommen auch sofort auf mein Rufen und Kübel-Rasseln. Das mit dem Sich-Anfassen-Lasssen ist individuell sehr verschieden. Bei Easy platzte der Knoten zuerst und er beginnt, das Streicheln und Kraulen zu geniessen.

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Alle legen kräftig zu und die Bedenken um das Überleben sind bald Vergangenheit. Uff, das ist geschafft. Zum Glück weiss ich noch nicht, was noch auf mich zukommen wird.

Auf unserer Pferdeweide Al Nour haben wir zwei gemischtaltrige Gruppen, eine „Bubengruppe“  mit Junghengsten und Wallachen, maximal 10 Pferde, die ausser Sicht- und Riechweite der gemischten Gruppe mit Stuten und Wallachen lebt.

Die Lipizzanerbuben sind nun 3 Monate lang separat gepäppelt geworden, nun rückt der Zeitpunkt näher, an dem sie mit den „grossen Buben“ zusammengebracht werden. Ein erstes Kennenlernen machen wir erstmal einzeln.

Die Integration von Jährlingen ist bei uns bisher einfach von statten gegangen. Die Kleinen machen Mäulchen und werden so rasch akzeptiert. Jährlinge, die sich geschickt verhalten, haben wir zum Teil schon am ersten Tag mitten in der Gruppe an der Heuraufe angetroffen. Auch die drei „Elfen-Stuten“ hatten es sehr leicht gehabt, in der gemischten Gruppe akzeptiert zu werden.

Diesmal nicht

Am Tag X geschieht etwas, was ich vorher noch nie erlebt habe und hoffentlich auch nie wieder erleben werde – Drama pur.

Wir bereiten alles vor, mit verschiedenen Heustellen und so weiter. Aber dann – Eskimo steht plötzlich allein. Erst denke ich, dass er irgendwie den Anschluss verloren hat. Die anderen vier sind friedlich am Grasen, mit Abstand von den anderen, aber ruhig.

Nur Eskimo wird immer mal wieder gejagt, vor allem vom Muli Walterli. Raphaël, der Gruppenchef, geht nicht dazwischen. Seltsam. Wir sehen, wie Eskimo einen Haken schlägt und dabei stürzt. Mir wird schlagartig klar, dass das mit einer normalen Integration nichts zu tun hat. Das Absondern hat System und Eskimo ist echt in Not. Ich renne los, gehe dazwischen und stelle mit Schrecken fest, dass sich Eskimo bei dem Sturz wohl durch einen Ast ein riesiges Loch in der rechten Pobacke zugezogen hat.

Mein Puls und Adrenalin steigen in schwindelerregende Höhen. Das trägt sicher dazu bei, dass Walterli begreift, dass er von Eskimo Abstand zu halten hat, so lange ich da stehe. Und dass ich funktioniere wie in Trance. Ich rufe unserer ebenfalls total schockierten Praktikantin Lina zu, dass sie mir bitte sofort Eskimos Halfter bringen soll und telefoniere schon mal mit der Tierklinik. Notfall, bitte sofort kommen.

Eine Zitterpartie

Meine Knie zittern und Eskimos ebenfalls. Es ist gar nicht so einfach, ihn einzufangen und ihm das Halfter anzulegen.  Mit viel gutem Zureden, das sowohl mir selbst als auch ihm gilt, geht es. Gottseidank lahmt er kein bisschen, das beruhigt mich ein klein wenig. Unbehelligt von irgendwelchen anderen Pferden führe ich Eskimo über die Weide und durch das Tor hinaus, wo ich ihn Lina zum halten überreiche. Sie soll hier mit ihm warten. Ich hole Tari, damit Eskimo  nicht allein ist.

Erste „Auseinandersetzung“ mit Tari

Tari ist mit seinen 3 Freunden in der oberen Ecke der Weide am Grasen. Ich stapfe los, wieder mit Halfter bestückt. Aufhalftern geht problemlos, aber dann soll er von seinen Freunden weg…  Er sträubte sich, zieht diesmal auch am Strick und versucht, sich loszureissen. Ich habe noch nicht mal Futter dabei. Wir müssen jetzt Eskimo helfen wir beide. Er braucht Dich jetzt, erkläre ich ihm und mir immer und immer wieder. Komm mit, bitte.

Und tatsächlich, Meter für Meter lässt er sich überzeugen. Es gibt Momente, da denke ich, dass schaffen wir nie, diese 200 Meter bis zu Eskimo. Aber er kommt mit, immer besser. Die Tierärztin ruft an, sie ist unterwegs. Gut.

Das wird wieder, auf jeden Fall –

Keine bleibenden Schäden zu erwarten,

ist ihr zweiter Satz nach der Begrüssung. Wir kennen uns ja schon länger, und ich bin sicher, dass mir das blanke Entsetzen ins Gesicht geschrieben war. Mir fällt ein Felsbrocken vom Herzen. Der kleine Eskimo, soweit ist er gekommen, hat Menschen davon überzeugt, ihm eine Chance zu geben….  Jetzt endlich kann ich die Besitzerin anrufen und finde Worte für das, was passiert ist und kann auch die Einschätzung der Tierärztin weitergeben.

Die Tierärztin sediert Eskimo und macht sich bereit, die Wunde zu nähen. In zwei Schichten, erst den Muskel innen und dann die Haut aussen. Ich halte Eskimo und Tari am Strick und ich werde die nun folgende dreiviertel Stunde nie vergessen. Wir vier werden ganz ruhig und konzentriert.

Beistand unter Pferden

Eskimo lehnt seinen von der Sedation schweren Kopf in die Beuge von Taris Schulter und so stehen sie sehr lange. Wenn Eskimo sich von dort löst, sucht Tari mit den Nüstern den Körperkontakt zu Eskimo. Als wolle er ihm sagen, ich bin da, ich bin bei Dir.

Es ist sehr berührend für mich, das zu sehen, kein einziges Rufen nach den Kollegen auf der Weide. Er ist jetzt da bei Eskimo. Für die Nacht, die schon bald hereinbricht, bereiten wir den Unterstand für die beiden vor. Ich schlafe dort in ihrer Nähe weil ich eventuelle Unruhe sofort mitbekommen will. Es gibt keine.

Jetzt ist also zweimal täglich Wundpflege angesagt – und ähhm ja, die Naht hält leider nicht, was zu berfürchten war. Zum Glück hat sich Eskimo in den vier Tagen, in denen ich nur desinfizieren muss, an die Wundpflege gewöhnt hat und lässt mich nun gut an die Wunde heran. Nach vier Tagen platzt die Naht auf. Ich erspare Euch Details. Nun würde der Heilungsprozess länger dauern und es würd lange Zeit eine offene Wunde zu versorgen sein.

Aus diesem Grund hat für Eskimo die Fünf-Freunde-Zeit schon bald ein Ende und er zieht um zu seiner Besitzerfamilie, wo er direkt am Haus lebt.  Wer Eskimos fulminante Weiterentwicklung gerne mitbekommen möchte  – er hat eine eigene Facebook-Seite hier:  Eskimo’s Welt .

Taris Wieder-Integration in die altersgemischte Bubengruppe verläuft ohne Probleme.  Da wachsen und gedeihen die 4 Jungs nun weiter – der nächste Teil der Geschichte kommt dann zu gegebener Zeit. Wir melden uns  wieder, versprochen!

Bis dahin herzliche Grüsse vom Nasenbär Tari und mir, Antoinette

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