Gerade ist die Wintersonnwende vorbei, ein Tag des Wandels.
Kurz davor hat Hawah mir ein unglaubliches Weihnachtsgeschenk gemacht, das von einem Wandel zeugt, der langsam passiert ist, beinahe unmerklich. Und wenn er es nicht so zelebriert hätte, wäre es mir gar nicht so aufgefallen.
Vor drei Jahren war es so, dass Hawah sich nicht aufhalftern lassen wollte – damit sagte er mir klar und deutlich, dass er keine Lust hatte auf die Art der Arbeit, die ich so üblicherweise mit den jungen Pferde machte. Er ist einfach jedes Mal davon gerannt. Erst hat mich das ziemlich verärgert.
Ich geh dann mal – ohne dich
Kontakt mochte er sehr gern, er ist ja ein wahrer Kuschelaraber, wenn er denn mag. Nun macht mir das Zusammensein mit einem Pferd auch keinen rechten Spass wenn ich es dazu verknurren muss und deshalb hatte ich nach neuen Möglichkeiten Ausschau gehalten. Ganz frei, ohne Strick und Halfter, aber da war er doch sehr unabhängig. Ich hab auch geclickert, aber das fühlte sich auch sehr nach überreden an. Es war ein Suchen und Ausprobieren und mal setzte ich auch meinen Willen ein bisschen durch, auf Spaziergängen zum Beispiel, oft ging ich aber auch auf seine Wünsche ein. Hawah ist eine wundervolle Persönlichkeit, klar wie ein Bergkristall, clever mit Ecken und Kanten und ich möchte, dass er erstrahlt und nicht dass er abgeschliffen wird.
Hawah hatte ach einen sehr hohen Muskeltonus, ein Thema mit seinem rechten bockhufigen Vorderhuf (und daher eine Schiefe) und er war enorm schreckhaft. Alles in allem nicht sehr entspannt.
Ich hatte kein gutes Gefühl dabei, darüber hinweg zu gehen und so wurden die Reitpläne verschoben und wir machten Spaziergänge, Kau-Übungen, Bodenarbeit mit dem Eingehen auf seine Wünsche. Das konnte auch so aussehen, dass er sich mitten im Longieren hinwarf und sich wälzte. Ich liess ihn, wenn ich das Gefühl hatte, dass es ihm gut tut. Es war ein dauerndes Abtasten, auch manchmal anstrengend.
Darf ich ihm seinen Willen lassen? Oh ja! Wer nicht müssen muss, kann dafür mal wollen wollen.
Eingehen auf seine Wünsche heisst durchaus auch heute mal noch, dass ich ihn auf der Weide lasse, wenn er deutlich macht, dass er nicht mitkommen mag auf den Reitplatz oder ins Gelände.
Und dann passierte eines nassen Abends im Dezember folgendes:
Ich hatte vorgehabt, mit Hawah noch was zu machen und Lia wollte mit ihrem Insley auf den Reitplatz. Die Stallarbeit war erledigt, aber ich war müde. Ich sagte zu Lia, dass ich lieber nur noch eine kleine Runde mit den Hunden machen würde und dann auf sie warten.
Gesagt getan, ich mit den Hunden los und Lia holte ihren Insley, den gescheckten Mustang.
Als ich zurückkam sah ich, dass zwei Pferde bei Lia auf dem Reitplatz waren und ich nahm an, dass sie Easy, den kleinen Lipizzaner, noch mitgenommen hatte.
Als ich mich dem Zaun näherte, sezte sich jedoch dieses zweite Pferd in Bewegung, tauchte unter einer Absperrung elegant in vollem Galopp hindurch – und hielt mit gebogenem Hals und aufforderndem Blick direkt vor mir.
Hawah. Ich musste lachen. Das Unten-durch-tauchen ist eine Spezialität von ihm, wenn kein Strom auf einem Zaun ist.
Kommst du endlich! Machen wir jetzt was?
Lia sagte: „Mama, er wollte unbedingt mitkommen. Stand beim Tor und wollte raus. Er hat mich richtiggehend überredet.“.
Tja und ich war dann natürlich auch überredet. Da konnte ich ja nicht mehr nein sagen. Und was für ein Geschenk von ihm. Wenn wir arbeiten, ist das nämlich für ihn durchaus anstrengend und die Kau-Übungen auch nicht immer angenehm.
So sind wir also von der reiterlichen Ausbildung her gesehen noch längst nicht da, wo ich es mir vor 3 Jahren gewünscht habe, aber wir haben eindeutig einen Weg gefunden, der uns beiden entspricht und Spass macht UND der ihm körperlich weiterhilft. Er weiss, was er will und was ihm gut tut. Kristallklar. Und ich bin Teil seiner Welt und er will gemeinsam was tun. Wenn es denn passt.
Was kann ich mir mehr wünschen?
Es bewährt sich einfach, die Themen und Baustellen Schritt für Schritt und ohne Krampf anzugehen.
Danke Hawah dafür, dass du bist, wie du bist. Hab dich lieb! Sehr.
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