Scheu aber wehrhaft – Unsere Abenteuer mit den Elfenkindern – Teil 3

Da lagen sie nun auf der kleinen Wiese und ruhten sich aus oder aber sie grasten oder frassen Heu – die Erschöpfung war gross. Das Wetter meinte es gut mit uns und wir waren froh um die Frühlingssonne. Wie sich etwas mehr als eine Woche später zeigte, wären die „Fünf Freunde“ nämlich auch bei Regen nicht von selbst darauf gekommen, in den Unterstand zu gehen.

Unser Fohlentrüpplein – Electron, Emeraude, Easy, Eltanin und Endora – hielt sich meistens dicht zusammen. Emeraude und Eltanin entwickelten riesige Ödeme am Kopf und Eltanin auch an Brust und zwischen den Vorderbeinen. Die Tierärztin unseres Vertrauens, die sich „dank“ ihrem Engagement im Tierschutz auch mit geschwächten Tieren gut auskennt, beriet mich hervorragend. Schwäche, Verwurmung und der lange Transport meinte sie, könnten solche Reaktionen hervorrufen.

Fast unberührbare Pferde – eine neue Herausforderung für uns

Als ich mich einmal Emeraude von hinten etwas unvorsichtig näherte, hatte ich zwei Hinterhüflein in der Magengrube. Hoppla, ich war noch weit weg gewesen und es war nicht mehr als ein Stupser für mich. Electron teilte auch mal aus und Andrea hatte einen dunkelblauen Fleck am Allerwertesten. Mir wurde klar, dass wir uns für ein Vorgehen entscheiden mussten, um das Vertrauen der Kleinen zu gewinnen.

Scheinbar empfanden sie Menschen vor allem als Bedrohung. Ausser Endora, aber diese Schöne war schon nach einigen Tagen in die Schweiz weitergezogen und die übrigen hatten somit kein Vorbild mehr. Eltanin war die neugierigste der vier, die noch da waren. Easy, Emeraude und Electron hatten Menschen am liebsten in sicherer Distanz.

Stundenlang sassen wir bei den Fohlen. Sehr rasch stellten die Kleinen fest, dass diese obligaten grünen Kübel schmackhaftes Futter enthielten und mehrmals täglich von den Zweibeinern gebracht wurden. Die Entwurmung der beiden Mädels – die Jungs waren in Südfrankreich noch entwurmt worden – machte ich erstmal über Tabletten. Genau bewachen, wer was wo frisst und ob die Tabletten im richtigen Mäulchen verschwinden. Emeraude frass genau eine Tablette, dann hatte sie dieses Kapitel abgehakt und egal worin ich sie versteckte, sie spuckte sie einfach wieder aus. Aber immerhin, Ivermectin für 100 kg Lebendgewicht, viel mehr hatte sie wahrscheinlich auch nicht. Die Wirkung war gut sichtbar in den Pferdeäpfeln….

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Zeit lassen bis sie von selbst kommen

Bei uns leben alle Pferde ganzjährig auf Weiden mit Unterständen, Boxen haben wir (noch) gar keine. Im Notfall könnten wir zum Nachbarn ausweichen.  Wir sind deshalb nicht darauf angwiesen, die Pferde zwingend aus einem Stall auf eine Weide zu führen oder umgekehrt – und dieser Alltag ermöglichte es uns, den Vieren erst mal Zeit zu lassen.

Die Annäherung (fast) ganz in ihrem Tempo geschehen zu lassen. Wir kraulten und streichelten so wie sie es zuliessen, wenn sie weggingen, liessen wir sie weggehen. Halfter anziehen übten wir auch so gut es einfach ging. Es ging individuell sehr unterschiedlich gut.  Eltanin und Easy waren rasch wieder zu beruhigen, wenn etwas ungewöhnliches geschehen war, Emeraude und Electron waren deutlich misstrauischer und auch bereit, sich zu wehern mit Zähnen und Hufen. Zu einigen kniffligen Situationen kam es dann doch.

Regen und die Überredung zum Dach über dem Kopf

Es war ja noch April und es kam ein sehr regnerischer Tag. Die 5 standen draussen im Regen – ja, zwischenzeitlich waren es wieder 5, Delphe war noch dazugekommen. Ich brachte Heu und Kraftfutter in den Unterstand. Wirkung gleich null. Aber diese 5 Häufchen, nass und frierend, brachen mir das Herz. Treiben ging gar nicht, da wurden sie total hektisch und stoben wild durcheinander. Also bleib nur noch locken.

Den Unterstand hatte ich mit einem kleinen Vorplatz so vorbereitet, dass ich sie darin „einsperren“ konnte. Aber erst mussten sie ja da rein. Frau Hitzinger, also ich, machte sich auf, über den Reitplatz eine Futterspur mit den bekannten grünen Kübeln zu legen. Wenn sie dann am fressen waren, nahm ich den hintersten Kübel der Reihe weg um ihn wieder vorne anzusetzen. Das ganze im strömenden Regen, meine Jacke war irgendwann nicht mehr dicht – und ich kam auf den Gedanken, dass ich vielleicht ebenso nicht ganz dicht sei.

Es funktionierte eigentlich schon, Easy war immer der vorderste – aber ein Windstoss oder eine Bewegung von mir oder irgendwas genügte – und weg waren sie! Dieselbe Prozedur von vorne.

Geschlagene eineinhalb Stunden hab ich gebraucht. Ja, ich kann ziemlich stur sein. Das Resultat war dieses, sorry das Bild ist unscharf, aber ich war soooooo froh darum.

Übrigens musste ich ihnen die Vorzüge des Daches über dem Kopf bei Regen nie wieder begreiflich machen, das hatten sie rasch verinnerlicht und den Zaun konnte ich wieder abbauen.

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Der Tag der Trennung

Die kleine Weide rund um unseren Reitplatz mit dem Unterstand, auf der die 5 Freunde standen, war nach einigen Wochen erstens total abgefressen und zweitens völlig zertrampelt – es hatte nun doch wiederholt geregnet. Die Entwurmungen waren soweit fürs erste abgeschlossen, die Ödeme längst wieder weg und so kam der Tag an dem die Stuten, also Delphe, Eltanin und Emeraude in die gemischte Herde wechseln sollten und Easy und Electron erstmal zu zweit auf die Bubenweide.

Ein netter Plan. Weil Electron der hektischste von allen war und er auch nicht so sehr versteht, warum Zäune ihn aufhalten sollten, wollten wir zuerst Easy und Electron wegbringen.

Ich baute auf den rund 100 Metern von Tor zu Tor mit Seilen und Longen einen „Weg“.  Wir halfterten Easy und Electron auf  – ja das ging, das hatten wir auch geübt – aber sobald Electron merkte, dass ich etwas von ihm wollte, nämlich ihn führen, rastete er aus und ging kezengerade in die Luft. Da nutzte auch der Futterkübel absolut gar nichts. Panik pur.

Erste Planänderung. Wir führen Easy und Electron soll frei mitlaufen. Das erste Stück sollte das schwierigste werden. Mindestens viermal hat Electron umgedreht und ist zu den abgetrennten Stuten zurückgerannt. Zäune, naja, was ist das? Ich jedesmal wieder aufgebaut, aber nach einer Stunde war ich kurz davor aufzugeben. Wir schaffen das nicht, sagte ich zu unserer Tochter Lia, die die ganze Zeit mit Easy an Halfter und Strick wartend und lockend da gestanden hatte.

Doch, das schaffen wir, sagte sie. Wir waren doch schon so nah dran. Stimmt. O.k. auf ein Neues. Und siehe da, es klappt. Schliesslich sind die beiden auf ihrer neuen Weide mit frischem Grün – jetzt haben wir nur noch das Problem, dass Electron immernoch sein Halfter trägt. Nach nochmals 20 Minuten ist auch das wieder entfernt.

Die Stuten gehen vergleichsweise völlig problemlos den Weg zu der gemischten Herde hinunter, Emeraude und Eltanin laufen einfach Delphe hinterher, Eltanin mit Halfter, bei Emeraude klappte nicht mal das.. Egal, sie kommen da an und die Integration ist unspektakulär.

Das Telefon klingelt: Electron ist draussen

Als Electron und Easy die Weide, das Wasser und die Unterstände kennengelernt hatten, wollten wir sie auch in unsere bestehende Wallach/Junghengst-Gruppe integrieren.

Hier war die Integration einiges aufregender als bei den Stuten – irgendwie kann man’s kaum vorhersagen, wie es gehen wird – und am Sonntagmorgen danach klingelt unser Telefon. Eine unserer Pensionspferdebesitzerinnen: Der grosse Schwarze steht draussen. Uuuups.

Er steht genau dort vor dem Zaun, wo Easy und die anderen Pferde auf der inneren Seite des Zaunes stehen und nichts und niemand kann ihn von dort zum Tor bewegen, wo es wieder rein ginge. Mir fiel auch wieder ein, dass der Gestütsleiter erzählt hatte, dass Electron auf dem Gestüt mal ausgebrochen war und dass sie 3 Stunden lang gebraucht hätten um ihn wieder auf die Weide zurückzubefördern.

Mich beunruhigt, dass Electron anscheinend von den anderen Pferden so gestresst war, dass er durch den hohen und recht stabilen Gallagher-Zaun druchgehen musste. Und wir beschliessen daher, die Integration nochmals abzubrechen und statt Electron wieder rein, Easy wieder rauszuholen und die beiden nochmals separat zu stellen. Das Prinzip der kleine Easy am Halfter voraus, der grosse Electron ohne irgendwas hinterher funktioniert dann wieder bestens.

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Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch gar nicht, dass bald Tari (Epi), Expresso und Eskimo zu den beiden dazustossen würden. Wie Tari zu uns kam, das könnt ihr  hier  lesen.

Wie schliesslich auch Electron halfterführig wurde könnt ihr nächste Woche in Teil 4 erfahren.

 

Fähigkeiten

Gepostet am

28. Februar 2016

3 Kommentare

  1. Beatrice

    Das hast du wieder toll geschrieben ? Und Lia hat wohl auch schon ziemlich gute Nerven 😉

    Liebe Grüße

    • Antoinette

      Danke – ja, sie hat viel Geduld – mit dem Getier;-)

    • evelin deisl

      es ist einfach schön diese Beiträge zu lesen, da geht mir das Herz auf

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