Vertrauen durch Vertrauen – 4ter und letzter Teil unserer Abenteuer mit den Elfenkindern

Rückblickend fällt mir auf, dass es in unserer Elfen-Geschichte immer und immerwieder um das Thema Vertrauen ging. Und zwar nicht nur von der Seite der Elfenkinder aus, sondern auch bei mir und bei den Pferdebesitzern, die uns ihre zarten Geschöpfe anvertraut haben.

Ein Gegenpol von Vertrauen ist Angst – und die Angst war ebenso allgegenwärtig in dieser Zeit. Zuerst waren es Angst und Sorge um das Leben der Kleinen, ganz zu Anfang wegen dem drohenden Schicksal beim Schlachter entsorgt zu werden, danach wegen wegen ihres teils echt bedenklichen Zustandes.

Dann wieder Ängste bei jedem Schritt in Richtung „Normalität“. Als wir die kleinen Stuten in die Herde brachten waren da Gedanken wie: Was wenn die sich auf den 6 ha Gelände einfach in den Wald verschlaufen sobald wir auftauchen? Was wenn sich eine verletzt und wir können sie nicht richtig einfangen und verarzten? Treffe ich die „richtigen“ Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt.

Die kleinen Stuten verzupften sich nicht in den Wald

Nein, sie wussten mittlerweile, dass wir Zweibeiner zumindest dafür gut waren, zusätzliches Futter in Eimern zu bringen und wir brauchten einfach einige Zeit, bis wir sie zum füttern in dem abgesperrten kleinen Platz hatten. Es dauerte nicht lange und sie wussten, wie der Hase, ähh der Futtereimer läuft.

Tatsächlich hatte Emeraude einmal eine Schramme am Vorderbein, zum Glück nicht tief und sie heilte ohne unser Zutun problemlos ab. Wir hätten nämlich zu dem Zeitpunkt ohne Sedation null Chancen gehabt, das auch nur zu desinfizieren… Jede Hand, die ein Bein berührte, auch nur ganz oben, wurde energisch weggebissen. Heute kann ich sie überall berühren und sie geniesst es sogar. Hufe geben geht auch, zu meinem Erstaunen legt sie mir die Vorderhüfchen einfach ganz locker in die Hand, völlig entspannt. Und ich kann nicht mal genau sagen, warum diese Entwicklungssprünge dann passieren wenn sie passieren. Meist relativ unerwartet.

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Das grosse Päppeln bei den Jungs

Mitte Mai 2015 gesellte sich Tari (Epi)  zu Easy und Electron. Mein Herzenspferd, die Geschichte dazu könnt ihr hier nachlesen. Bei ihm war es vor allem Erleichterung und eine einzige riesige Befreiung als er endlich endlich nach langem Bangen um ihn bei uns war. Sein Zustand war deutlich besser als noch vor einigen Wochen und Easy und Electron begrüssten ihn überaus freundlich. Ich war total zuversichtlich, dass nach all den Strapazen, die er überstanden hatte, und mit seinem offensichtlichen Lebenswillen, nun alles besser würde. Klar, es würde Zeit brauchen.

Sorgen machte mir bei ihm in erster Linie das dick geschwollene linke Sprunggelenk. Beide Tierärztinnen, die draufgeschaut haben, meinten, es könnte ein Chip sein, aber es würde im Moment keinen Sinn machen zu röntgen und er zeigte ja keinerlei Lahmheit.

Ich vertraute darauf, dass es gut werden würde und kein bleibender Schaden bestand. Es konnte ja ebensogut noch von der Verletzung an diesem Bein herrühren und er würde nun 3 Jahre Zeit haben, gesund und stark zu werden. Und sonst würde immernoch Zeit da sein, genauer zu untersuchen.

Seit einigen Wochen ist nun die Schwellung weg, juhuuuu!

Schwierige Aufgaben? – nur her damit

Ende Mai dann die Anfrage der mehr oder minder verzweifelten Besitzerinnen von Eskimo und Expresso, ob ich die beiden nicht doch auch noch zu uns holen könnte, weil sich die Dinge in dem Stall, wo die beiden gemeinsam untergebracht waren, nicht so entwickelten wie gewünscht und gut für die beiden Jammergestalten.

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Meine Freundinnen und ich stellen uns manchmal im Scherz vor, wir würden vor unserer Inkarnation irgendwo im Himmel sitzen und es ginge dann darum, wer welche Aufgaben übernehmen würde im zukünftigen Leben. Und ich schwöre dann lachend, dass ich das nächste mal die Klappe halten und nicht dauernd „Hier“ rufen würde.

Aber für dieses Leben ist es eh zu spät und so kamen auch Expresso und Eskimo Ende Mai auf „unsere Alp“. Während Eskimo „nur“ ein Hungerhaken war, hatte ich um Expresso so richtig Angst. Er war so schwach, dass er im Stand die Sprunggelenke aneinander anlehnte um sich zu stabilisieren. Und nun war es Ende Mai schon an die 30 Grad heiss und die anderen zottelten die Bergweide hoch und runter und kreuz und quer – und er natürlich hinterher. Aber mit letzter Kraft.

Ich hatte Albträume, sah mich im Traum mit einem Infusionsständer auf der Weide neben einem völlig entkräfteten Expresso sitzen – und war umso dankbarer als ich aufwachte und realisierte, dass es nur ein Traum war.

Ich hätte ihn separieren können – aber war es nicht gerade auch die Gesellschaft seiner relativ gesunden Kumpels, die ihn motivierte? Und das Gras, das Gras war einfach Gold wert für diese Pferdchen. Dort wo ich ihn sonst hätte hinbringen können, war alles abgefressen – da waren die Lipizzanerchen vorher gewesen.

Er blieb also da – und wars zufrieden und futterte und futterte. Expresso ist heute noch der mit dem grössten Nachholbedarf. Die Hinterbeinchen nach wie vor ein wenig x-förmig, aber auch hier überwiegt mein Vertrauen. Und ich weiss dass er in liebevollsten Händen sein wird, wo auch sein unglaublich goldiger und unkomplizierter Charakter geschätzt wird. Und er wird wunderschön werden.

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Eskimos Unfall

Ein weiterer Meilenstein in Sachen Angst und Vertrauen ist der Unfall von Eskimo im Zuge der Integration in die „Bubengruppe“.

Es war für mich das erste Mal in diesen bald 8 Jahren, in denen wir Weidepensionäre betreuen, dass ich einen Pferdebesitzer anrufen musste mit einer derartigen Nachricht – eine tiefe Wunde! Wir stehen allesamt unter Schock. Die ganze Geschichte dazu findet ihr in einem eigenen Blogbeitrag Fünf Freunde und ein Unfall

Electron und das Halfter

Zu guter Letzt hatte ich noch versprochen zu erzählen, wie Electron schlussendlich doch noch halfterführig wurde. Seine liebe Besitzerin Michelle und wir haben geduldig geübt und ihn immerwieder weglaufen lassen wenn es ihm zu viel wurde – und irgendwann schwupps, hat er’s begriffen und sich das Halfter nicht nur an- und ausziehen lassen, sondern ist auch mitgelaufen. Er versucht zwar immer noch, ab und zu seinen eigenen Weg zu gehen, verständnislos, dass der Mensch am anderen Ende des Stricks jetzt gerade anhalten oder nicht dahin gehen will, wo er hinwill.

Aber auch mit ihm können wir heute völlig normal üben, die Hektik und Panik sind wie weggeblasen. Fast im Gegenteil scheint mir sein Vertrauen schwer zu erschüttern. War das was? Ach wird nicht so tragisch sein, ich geh wieder zurück zum Menschen…

Also alles im grünen Bereich. Manchmal erinnert mich das alles an meinen ältesten Sohn, bei dem ich ein wenig verzweifelt war,  weil er mit bald 2einhalb Jahren noch nicht auf die Toilette ging sondern auf seinen Windeln bestand. Da bald das zweite Kind kommen würde, fragte ich mich, wie ich das hinkriegen sollte und wann und wie in aller Welt er denn das begreifen würde mit der Toilette. Zwei Wochen vor der Geburt des Kleinen gings wie von selbst, keine Ahnung warum, er wollte keine Windeln mehr.

Es geht also nicht darum, sich keine Gedanken zu machen, aber es ist tatsächlich so, dass nur der allerkleinste Teil aller Befürchtungen real werden.

Unserer Elfenkinder haben mich einmal mehr gelehrt, dass ein bisschen Vertrauensvorschuss ins Leben zu wunderbaren Ergebnissen führt.

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Fähigkeiten

Gepostet am

20. März 2016

1 Kommentar

  1. evelin deisl

    es ist einfach schön eure Beiträge zu lesen. Ich freu mich schon auf den nächsten
    eure evelin

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